Harninkontinenz ist der unfreiwillige Verlust von Urin. Der Betroffene kann also den Zeitpunkt des Wasserlassens nicht selbst bestimmen. Dies kann verschiedenste Ursachen haben. Die Harninkontinenz ist ein verbreitetes Leiden, das Frauen und Männer aller Altersstufen betrifft.

Verbreitung

Die Harninkontinenz ist eine sehr häufige Erkrankung. Frauen sind etwas häufiger betroffen, als Männer. Bei Männern ist die Harninkontinenz häufig (aber nicht immer) mit einem Prostata-Adenom oder einer Prostata-Operation verbunden (siehe dazu das Kapitel Prostata-Adenom). Dieses Kapitel beschränkt sich auf die Harninkontinenz bei Frauen.

> Harninkontinenz kommt auch bei Kindern vor. Diese wird im Fachjargon als Enuresis bezeichnet. Sie tritt häufig während des Schlafes auf und hat verschiedenste Ursachen.

Arten der Harninkontinenz

Man unterscheidet bei Frauen zwei Arten von Inkontinenz: Stressinkontinenz und Dranginkontinenz.

Stressinkontinenz

Stressinkontinenz umfasst die Blasenschwäche:

  • bei körperlicher Anstrengung,
  • bei Husten, Niesen,
  • bei bestimmten Bewegungen (Senken, Springen, Arme heben, schnell gehen),
  • manchmal sogar beim Geschlechtsverkehr
  • oder beim Sport.

Dranginkontinenz

Diese Form der Harninkontinenz wird auch als Not- oder dringende Inkontinenz bezeichnet. Bei einer Dranginkontinenz führt unbeherrschbarer, sogenannt imperativer Harndrang dazu, dass unwillkürlich Harn - auch in größeren Mengen - verloren geht.

Gemischte Harninkontinenz

Die Mischinkontinenz kombiniert in unterschiedlichem Masse die beiden oben beschriebenen Formen der Harninkontinenz.

Ursachen

Die Ursachen für Blasenschwäche sind vielfältig, die häufigste Ursache sind Muskel- und Bandschäden während der Geburt. Denn auch wenn eine Geburt nicht besonders traumatisch oder kompliziert ist, führt sie zu einer starken Dehnung des Gewebes. Glücklicherweise verschwindet die Inkontinenz, die direkt nach Schwangerschaft und Geburt auftritt, kurz danach wieder. Allerdings kann sie auch erst Jahre nach der Geburt auftreten.

Weitere Ursachen der Stressinkontinenz sind:

  • Alterung des Gewebes, besonders nach den Wechseljahren.
  • Intensive körperliche Anstrengung, insbesondere solche, die zu einer deutlichen Druckerhöhung im Bauchraum führt (z.B. das Tragen schwerer Lasten). Dieses Phänomen tritt vor allem bei bestimmten Sportarten, aber auch bei Verstopfung auf.

In manchen Fällen wird keine Ursache gefunden. Dies ist bei einigen jungen Frauen der Fall, die noch kein Kind bekommen haben und dennoch unter Stressinkontinenz leiden.

Diagnose

Basis für eine Diagnose ist zunächst ein ausführliches Gespräch mit dem behandelnden Arzt. In vielen Fällen kann über gezielte Fragen bereits die Art der Harninkontinenz identifiziert werden. Manchmal sind zusätzliche Untersuchungen erforderlich, um die Diagnose zu verifizieren und die Behandlung festzulegen, insbesondere wenn ein chirurgischer Eingriff in Frage kommt.

Zusätzliche Untersuchungen

Urodynamische Untersuchung

Die urodynamische Untersuchung ist eine Untersuchungsmethode, bei der mit Hilfe von Drucksonden und Elektroden die Funktionsweise der Harnblase untersucht wird. Sie wird nicht routinemäßig bei allen Inkontinenzen durchgeführt. Sie ist besonders nützlich in komplexen Situationen (Patientinnen, die bereits operiert wurden, gemischte Symptome oder neurologische Erkrankungen haben).

Blasenspiegelung

Mit Hilfe einer Blasenspiegelung (Zystoskopie) können bestimmte Ursachen der Harninkontinenz diagnostiziert werden. Diese Untersuchung wird jedoch nicht immer bei Harninkontinenz durchgeführt.

Behandlungen

Die wichtigste Botschaft: Harninkontinenz ist kein Schicksal! Es gibt inzwischen sehr wirksame Therapien. Stressinkontinenz und Dranginkontinenz werden dabei unterschiedlich behandelt.

Bei Stressinkontinenz ist die Stärkung des Beckenbodens die Methode des ersten Wahl. Die so genannte perineale Rehabilitation wird von einem/einer PhysiotherapeutIn durchgeführt und verbessert die Situation in mehr als der Hälfte der Fälle. Nach Abschluss der Physiotherapie-Sitzungen können die Übungen zu Hause weitergeführt werden, um die Wirkung möglichst lange zu erhalten.

Sollte das Beckenbodentraining nicht zum Ziel führen oder nicht möglich sein, kann ein chirurgischer Eingriff Abhilfe schaffen. Es gibt verschiedene Arten von operativen Methoden.

Eine sehr vielversprechende OP-Methode ist die Suburethrale Streifenplatzierung. Hier wird operativ ein Streifen synthetischen Gewebes unter den Harnröhrenkanal gelegt. Suburethrale Streifen sind ein schmerzloses und meist sehr effektives Verfahren, auch langfristig.

Andere operative Eingriffe zur Behandlung von Inkontinenz, wie z. B. die Platzierung von Ballons oder künstlichen Schließmuskeln, sind deutlich komplexer und werden relativ selten durchgeführt.

Weitere Behandlungsmethoden

Medikamente

Für die Behandlung spezieller Formen von Inkontinenz wie etwa der überaktiven Blase gibt es wirksame Medikamente. Ihr behandelnder Urologe gibt Ihnen gerne Auskunft darüber.

Neuromodulation

Wenn alle anderen Ansätze scheitern, kann eine so genannte Neuromodulation angedacht werden. Diese Technik besteht in der Implantation einer Elektrode, die mit einer Nervenwurzel in der Nähe des unteren Teils der Wirbelsäule in Kontakt kommt. Ziel ist es, die Nervenwurzeln im Bereich des Beckenbodens elektrisch zu stimulieren.